Zum 01.01.2017 tritt mit § 2b UStG die Neuregelung der Umsatzbesteuerung der juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jPdöR) in Kraft und ersetzt die bisherige Regelung in § 2 Abs. 3 UStG. Hiernach unterliegen Tätigkeiten jPdöR nicht der Besteuerung, wenn diese im Rah-men der öffentlichen Gewalt erfolgen und deren Nichtbesteuerung zu keinen größeren Wettbewerbsverzerrungen führt. Mit der Neuregelung hat der Gesetzgeber versucht, die Um-satzbesteuerung der jPdöR europarechtskonform auszugestalten und die Vorgaben der Rechtsprechung umzusetzen. Das BMF hat sich mit Schreiben vom 16.12.2016 umfassend zu Auslegungsfragen des § 2b UStG geäußert. Der nachfolgende Ticker zeigt kurz die ent-scheidenden Punkte für die Praxis auf.
Handeln im Rahmen der öffentlichen Gewalt
Ein Handeln im Rahmen der öffentlichen Gewalt liegt vor, wenn die jPdöR „auf Grundlage einer öffentlich-rechtlichen Sonderregelung tätig wird“. Zu den Sonderregelungen zählen insbeson-dere die öffentlich-rechtliche Satzung (z.B. Satzung eines Entsorgungszweckverbands) und der öffentlich-rechtliche Vertrag (z.B. koordinationsrechtliche Verträge gem. § 54 VwVfG, Rz. 12ff.). Diesem kommt in Zukunft im Rahmen der nach § 2b Abs. 3 Nr. 2 UStG begünstigten Kooperationen eine besondere Bedeutung zu. Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag liegt bspw. vor, wenn eine öffentlich-rechtliche Norm zu dessen Abschluss berechtigt (z.B. Landesgesetze zur kommunalen Zusammenarbeit). Allgemein ist auf Gegenstand und Zweck des Vertrags abzu-stellen. Dabei unterstellt die Finanzverwaltung zugunsten der jPdöR, dass diese nach dem „Grundsatz der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns“ nur die Rechtsformen wählen, die rechtlich zulässig sind. In Zweifelsfällen können jPdöR somit durch gezielte Wortwahl („öffentlich-rechtlicher Vertrag“), die Nennung einer gesetzlichen Grundlage oder die Darstellung des öffentlich-rechtlichen Zwecks (z.B. in einer Präambel) zusätzliche Rechtssicherheit erlangen. Ein Handeln auf privatrechtlicher Grundlage schließt die Anwendung von § 2b UStG demgegen-über stets aus. Eine Ausnahme gilt nur für sog. Hilfsgeschäft im hoheitlichen Bereich (z. B. Dienstwagenüberlassung, private Nutzung von Mobiltelefonen), unabhängig vom Umfang dieser Geschäfte.
Größere Wettbewerbsverzerrungen
Leistungen einer jPdöR im Rahmen der öffentlichen Gewalt unterliegen gleichwohl der Besteuerung, wenn sie im Wettbewerb zu Leistungen privater Anbieter stehen. Hierzu ist auf die Art der Leistung abzustellen, d.h., ob durch die Leistungen gleichartige Bedürfnisse befriedigt werden. Potentieller Wettbewerb ist dabei ausreichend, d.h. es genügt, wenn ein privater Anbieter eine vergleichbare Leistung anbieten könnte. In Fällen eines Annahme-und Benut-zungszwangs (z.B. Hausmüllentsorgung), kann folglich kein Wettbewerb bestehen. Ein Wettbe-werb ist ferner in den in § 2b Abs. 2 und 3 UStG genannten Fällen ausgeschlossen. Hier-zu gehören die in Abs. 2 Nr. 1 genannten Fälle der Geringfügigkeit (gleichartige Tätigkeiten mit voraussichtlich unter EUR 17.500 Jahresumsatz), sowie die in Abs. 3 genannten Fälle der vertika-len und horizontalen Zusammenarbeit mehrerer jPdöR (insbesondere im Bereich der Vorbe-haltsaufgaben, Nr. 1, und der Zusammenarbeit aufgrund gemeinsamer spezifischer öffent-licher Interessen, Nr. 2).
Auswirkungen von § 2b UStG auf den Vorsteuerabzug
Das BMF gewährt jPdöR eine Vorsteuerberichtigung gem. § 15a UStG für Leistungen, die ursprünglich nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten, wenn die Ausgangsumsätze allein auf-grund des Übergangs zur Besteuerung nach § 2b UStG in Zukunft steuerpflichtig sind (z.B. Ein-gangsleistungen für ein vermietetes Gebäude, wenn die Vermietung bislang nichtunterneh-merisch (Vermögensverwaltung) erfolgte, und nach Übergang zur Besteuerung nach § 2b UStG steuerpflichtig gem. § 9 UStG erfolgen soll).
Handlungsbedarf in 2016
JPdöR sollten bis zum 31.12.2016 eine Optionserklärung gem. § 27 Abs. 22 UStG abgeben, um nicht zum 01.01.2017 auf die Besteuerung nach § 2b UStG umstellen zu müssen. Anschließ-end sind auf Basis des Haushalts sämtliche Einnahmen daraufhin zu überprüfen, ob sie der Umsatzbesteuerung nach den neuen Grundsätzen des § 2b UStG unterliegen. Daneben sind auch Eingangsleistungen daraufhin zu überprüfen, ob sie aufgrund der Änderungen durch § 2b UStG in Zukunft zum Vorsteuerabzug berechtigen. Im Zusammenhang mit dieser um-fassenden Überprüfung aller Tätigkeiten der jPdöR sollten zudem auch andere umsatzsteuer-rechtliche Problembereiche mit aufgegriffen werden. Als problematisch erweisen sich in der Praxis bei jPdöR in vielen Fällen insbesondere folgende Vorgänge:
– Innergemeinschaftliche Erwerbe von Gegenständen aus anderen EU- Mitgliedstaaten
– Der Bezug von Dienstleistungen von im Ausland ansässigen Unternehmern
Auf die Ermittlung aller relevanten Sachverhalte sollte sodann eine Optimierung durch ge-zielte Gestaltung erfolgen. Im Idealfall führt die jPdöR zudem ein Tax Compliance Manage-ment System ein, um sich zukünftig (umsatz-) steuerrechtlich exkulpieren zu können. Stellt sich nach Abschluss der Prüfung heraus, dass der Übergang zu § 2b UStG zum 01.01.2017 (oder zum 01.01. eines Folgejahres) vorteilhaft gewesen wäre, kann die jPdöR die Option gem. § 27 Abs. 22 UStG rückwirkend wiederrufen, sofern für das jeweilige Jahr noch keine Festset-zungsverjährung eingetreten ist.
Seminare zu § 2b UStG
Der LSWB veranstaltet zur Besteuerung des JPdöR zwei Seminare, in dem die Einzelheiten im Detail vorgestellt werden. Darüber hinaus zeigt das Seminar mögliche Ansätze beim Aufset-zen eines Tax Compliance Management Systems und praktische Erfahrungen bei der Umset-zung des § 2b UStG. Die Seminare werden an folgenden Terminen und Standorten angeboten:
– Montag, 13.03.2017 in München
– Dienstag, 02.05.2017 in Nürnberg
Die Einzelheiten können der beigefügten Seminareinladung entnommen werden
Stand: 21.12.2016
Autor: Andreas Fietz
Andreas Fietz
Dipl.-Wirtschaftsjurist (Univ.), Steuerberater
LSWB, Hauptgeschäftsstelle München, Implerstr. 11, 81371 München, Tel. 089 / 273 214 17,
Fax 089 / 273 06 56, E-Mail: praxisticker@lswb.de