Die EU-Bilanzrichtlinie enthält mehr als 100 Mitgliedsstaatenwahlrechte. Damit ermöglicht sie unterschiedliche Bilanzierungsstandards in den Mitgliedsstaaten. Die European Federation of Accountants and Auditors for SMEs (EFAA) hat die Ausübung der wichtigsten Optionsmöglich-keit durch neun Mitgliedsstaaten untersucht und in einer Studie veröffentlicht. Die Ergebnisse können auf der Website der EFAA heruntergeladen werden. Die grundlegenden Bewertungs-methoden in Frankreich, Deutschland, Italien, Lettland, Niederlande, Portugal, Spanien und UK sind übersichtlich in Tabellenform dargestellt. Sie können auch als Informationsquelle über die Rechnungslegung in den anderen Staaten genutzt werden.
Zunächst präsentierten Marie Lang, Technische Direktorin der EFAA, und Richard Martin, Vor-sitzender der Expertengruppe für Rechnungslegung, die Ergebnisse der Studie. Das von der EU-Kommission vorgegebene Ziel einer einheitlicheren Rechnungslegung in Europa sei nicht er-reicht worden. In weiten Teilen, sowohl bei den Größenkategorien, den Ansatz- und Bewertungs-vorschriften, als auch bei den Anhangangaben seien Unterschiede festzustellen, welche die Studie grundlegend darstelle. Wichtiger als der Harmonisierungsgedanke seien bei der Anpas-sung der nationalen Vorschriften die bisher gültigen nationalen Vorschriften und die fiskalischen Auswirkungen möglicher Änderungen gewesen.
StB Ingo Schwimmann machte anschließend die Bedeutung der Rechnungslegung für die steu-erliche Gewinnermittlung deutlich. Er bekräftigte die Aussage, die weiterhin nicht einsetzende Harmonisierung habe ihre Ursache in steuerlichen Wertansätzen. In vielen Staaten berechne sich die Unternehmenssteuer aus den handelsrechtlichen Jahresergebnissen. Jede Änderung der handelsrechtlichen Vorschriften ziehe Auswirkungen auf die Staatsfinanzen nach sich. Wür-den die steuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften vereinheitlicht, beispielsweise durch die Ein-führung der gemeinsamen Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage, würde sich auch die han-delsrechtliche Bilanzierung stärker angleichen als bisher.
Welcher Stellenwert den Jahresabschlüssen bei der Unternehmensfinanzierung zukommt, ver-deutlichte Ralf Frank von der Europäischen Vereinigung der Finanzanalysten (EFFAS). Die Banken benützten die Bilanzen trotz aller Bewertungsunterschiede in den verschiedenen Staaten in glei-cher Weise. Dies führe bei ähnlichen Unternehmen zu unterschiedlichen Risikoprofilen. Frank sah hierin einen Grund, weshalb es in manchen Mitgliedsstaaten zu einer Kreditklemme kommt.
Im Anschluss folgte eine angeregte Diskussion mit Vertretern des Berufsstands, der EU-Kommis-sion, der Wirtschaft und der Verbände. Die Studie wurde als wichtiges Werkzeug in der Analyse der Auswirkungen der EU-Bilanzrichtlinie aufgenommen. Der DStV war bei der Veranstaltung durch Europareferent StB René Bittner vertreten.