Praxisticker Nr. 507: Zur Hinweispflicht des Steuerberaters bei anhängiger Verfassungsbeschwerde
Das OLG Naumburg entschied mit Urteil vom 03. März 2016 4U 36/15, dass ein Steuerbe-rater nicht verpflichtet ist den Mandanten auf eine mögliche Verfassungswidrigkeit eines Steuergesetzes hinzuweisen und eine Einspruchseinlegung zu empfehlen, wenn der BFH die Vor-schrift zuvor für verfassungsgemäß beurteilt hatte und gegen diese Entscheidung des BFH Verfassungsbeschwerde eingelegt wurde. Eine vertragliche Hinweispflicht entsteht laut dem Ur-teil „erst und nur dann, wenn der BFH von der Verfassungswidrigkeit der Vorschrift überzeugt gewesen wäre und deshalb unter Aussetzung des Verfahrens nach Art. 100 Abs. 1 GG die Sa-che dem BVerfG zur Entscheidung vorgelegt hätte, mithin die Grenze nur bloßer verfassungs-rechtlicher Zweifel überschritten gewesen wäre“. Nach der Rechtsprechung des BGH zur Haf-tung eines Steuerberaters bei der Prüfung eines Steuerbescheides auf eine etwaige Verfas-sungswidrigkeit der Steuererhebung darf der Steuerberater im Grundsatz auf die Verfas-sungsmäßigkeit der angewendeten Gesetze vertrauen. „Dem entgegenstehende Judikatur von Instanzgerichten sowie vereinzelte Stimmen im Schrifttum verpflichten den Steuerberater bei der Wahrnehmung seines Mandats regelmäßig nicht zu deren Berücksichtigung. Er hat sich bei der Wahrnehmung seines Mandats grundsätzlich an der jeweils aktuellen höchst-richterlichen Rechtsprechung wegen der Bedeutung deren Entscheidungen für die Rechts-wirklichkeit auszurichten. Eine Änderung der Rechtsprechung hat er allerdings in Betracht zu zie-hen, wenn ein oberstes Gericht darauf hinweist oder neue Entwicklungen in Rechtsprechung und Rechtswissenschaft Auswirkungen auf eine ältere Rechtsprechung haben können und es zu einer bestimmten Frage an neueren höchstrichterlichen Entscheidungen fehlt. Darüber hinaus kann der Steuerberater zur Heranziehung der Rechtsprechung der Instanzgerichte und des Schrifttums ausnahmsweise verpflichtet sein, wenn ein Rechtsgebiet aufgrund ein-deutiger Umstände in der Entwicklung begriffen und neue höchstrichterliche Rechtspre-chung zu erwarten ist. Diese Maßstäbe gelten entsprechend bei der Prüfung eines Steu-erbescheides auf seine Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Besteuerungsgrundlagen.“
Den Text und das Urteil des OLG Naumburg können Sie der Anlage entnehmen.
Quelle: Fachinformation GI Aktuell Ausgabe August 2016 www.hdi.de/gi. Herausgeber: HDI
Autor: Marianne Kottke, LSWB-Bibliothek